- Informationsgesellschaft: Digitalisierung und Datenvernetzung - Chancen und Risiken
- Informationsgesellschaft: Digitalisierung und Datenvernetzung - Chancen und RisikenÖkonomen und Soziologen belehren uns, dass wir in einer Zeit des Umbruchs leben. Wir müssen mit neuen Risiken (Bedrohung der Umwelt) zurecht kommen, und in der Wirtschaft zeichnen sich tief greifende Veränderungen ab. Die Industriegesellschaft ist zur Informationsgesellschaft geworden, in der neue Wirtschaftszweige entstanden sind, neue Kommunikationsformen und neue Verhaltensweisen. »Multimedia« (Wort des Jahres 1995) wurde insbesondere mit der Funkausstellung 1995 zum schillernden Modewort, das für »Surfen« durch Datennetze, Einkaufen am Bildschirm und digitales Fernsehen einschließlich Pay-TV und Video-on-demand steht. In naher Zukunft soll der Empfang von mehreren Hundert Fernsehkanälen durch die Verbindung von Digitalisierung, Fortschritten in der Übertragungstechnik (Breitbandkabel, Satelliten) und vor allem Datenkompression ermöglicht werden. Digitalisierung, das heißt die Umsetzung von Informationen aller Art (Schrift, Bild, Ton) in eine Folge von binären Signalen, war bereits Voraussetzung für die Entwicklung des Computers und seines kleinen Bruders, des Taschenrechners, und bleibt bis heute Schlüsseltechnik für die gesamte Weiterentwicklung der Speicherung und Übertragung von Informationen. Tonträger in Form von kleinen silbernen Scheiben, Compactdisc genannt, erlaubten es, Musik in bis dahin unbekannter Qualität zu hören. In einem Siegeslauf verdrängten sie nicht nur binnen weniger Jahre die bisherigen großformatigen Schallplatten, Compactdiscs wurden bald auch als Speichermedium für große Datenmengen eingesetzt (CD-ROM) und seit Beginn der 90er-Jahre unter der Bezeichnung »Multimedia« auch mit bewegten Bildern, Tönen und schriflichen Informationen angeboten. Sogar komplette Spielfilme sind inzwischen auf CD verfügbar. Unter den Datennetzen, die Benutzern von Personalcomputern über Modem und Telefonleitung Zugang zu Informationen und Datenbanken wie auch eine direkte Verbindung zu anderen Online-Teilnehmern ermöglichen, übt die größte Faszination das Internet aus. Dieses größte und zugleich älteste Datennetz hat sich rasant entwickelt. 1973 von amerikanischen Universitäten und Unternehmen für seinerzeit ausschließlich wissenschaftliche Zwecke gegründet, bestand es 1990 aus über 3 000 lokalen Netzwerken mit über 200 000 eingebundenen Computern. 1992 betrug die Zahl der Rechner bereits 727 000, im Juli 1995 hatte die Zahl 6,6 Millionen erreicht. Für die Jahrtausendwende wird mit rund 150 Millionen vernetzten Computern gerechnet und etwa einer Milliarde Benutzern. Für kritische Beobachter stellen sich angesichts dieser Entwicklung eine Reihe von Fragen: Wie verarbeitet eine Gesellschaft die Flut von Informationen, die auf sie einstürzt? Wie wird sichergestellt, dass die Menschen das methodische und inhaltsbezogene Wissen erwerben, das notwendig ist, um die Fragen nach den gewünschten Informationen richtig zu formulieren und um die erhaltenen Informationen bewerten und einordnen zu können? Während im Bereich der elektronischen Medien ein kräftiger Zuwachs an Arbeitsplätzen erwartet wird, ist die Frage, wieviel Beschäftigung in den Druckmedien und durch neue Formen wie Homeshopping und Homebanking (Einkauf, Bankgeschäfte am Bildschirm) bei Banken, Einzelhandel, Reisebüros und anderen Dienstleistungsbereichen abgebaut wird. Werden bei Multimedia und der schönen neuen digitalen Welt, wie ihre eifrigsten Verfechter behaupten, nach der Jahrhundertwende so viele neue Arbeitsplätze entstehen, dass die Verluste im industriellen Sektor ausgeglichen werden? Ist der Auf- und Ausbau dieser Hochtechnologie in den westlichen Industriestaaten nicht ein ungeheurer Luxus angesichts der Tatsache, dass in den Ländern der Dritten Welt eine Mehrheit der Menschen noch nie ein Telefon benutzt hat? Möglich ist freilich auch, dass - wie beim Fernseher und beim Computer, deren Einführung von vielen Warnungen und Befürchtungen begleitet war - die Menschen die neuen Technologien relativ undramatisch in ihr tägliches Leben integrieren.
Universal-Lexikon. 2012.